Unser Haus

Ein altes Haus zu kaufen ist immer ein Abenteuer und stellt einen vor neue Herausforderungen. Man hat ab diesem Moment einfach eine Aufgabe, die sich nicht einfach so im Vorbeigehen erledigen lässt. Beim Kauf des Hauses hatten wir aber keine Ahnung, wie alt das Haus ist und somit auch nicht wie groß die Aufgabe.

Nicht falsch verstehen, diese Seite soll Mut machen, ein solches Projekt anzugehen. Es gibt in vielen Dörfern schon zu viele Häuser, die einfach vor sich hin zerfallen.

Das Haus besteht aus einem Haupthaus, einem Anbau (Hinterhaus), Hof und einer Scheune. Bei der ersten Begutachtung hat sich der Anbau als recht marode heraus gestellt. Ein hinzugezogener Sachverständiger riet uns zum Rückbau und wir spielten mit der Idee, ihn abzureissen und durch einen funktionalen eingeschossigen Neubau zu ersetzen. Die Möglichkeit auf diesem Weg zu einer großzügigen Dachterrasse zu kommen war einigermaßen verlockend.

Da das Haus unter Ensembleschutz steht, bedarf die Umsetzung einer solchen Idee der Zustimmung des Denkmalschutzes. Also haben wir den zuständigen Denkmalschützer eingeladen. Wir kamen schnell auf den Punkt, er hat sich den Anbau angeschaut und mit „nicht sehr wertig“ beurteilt. Einem Abriss hat er sehr schnell zugestimmt. Der Bitte sich noch den Rest des Hauses anschauen zu dürfen, sind wir gerne nachgekommen. Viel war zu diesem Zeitpunkt eigentlich noch nicht zu sehen, da wir mit dem Rückbau noch nicht sehr weit vorangekommen waren. Unsere Tour endete auf dem Dachboden und der Denkmalschützer verschwand irgendwo zwischen den Balken, wo er eine Weile herum kletterte. Wir anderen standen einfach in der Gegend herum und wussten nicht so genau, was er da so trieb.

500 Jahre altes Dchstuhlgebälk
Der Dachboden

Nach einer Weile kam er von einem Ohr zum anderen grinsend von seiner Klettertour zurück und meinte: „Herr Schäfer, wissen Sie eigentlich, dass Sie eines der ältesten Häuser der Region gekauft haben? Sie haben einen gotischen Dachstuhl, vermutlich um 1550 erbaut.“

Ups

Damit hatten wir nicht gerechnet.

Nach etwa einer Woche erhielt ich vom Denkmalschützer eine Email, in der er erklärte, dass eine solche Entdeckung in seiner beruflichen Laufbahn nicht sehr häufig vorkomme. Er werde uns einen Bauhistoriker zur genaueren Begutachtung vorbeischicken. Auf Landeskosten, versteht sich.

Der Bauhistoriker untersuchte das Gebälk und nahm Kernbohrungen für eine dendrochronologische Untersuchung vor. Ihn auf die Aussagen des Denkmalschützers, gotischer Dachstuhl, 1550 hingewiesen kommentierte er mit: „Da hat er sich getäuscht… (Ich: schade) …das ist vor-Gotisch, vermutlich um 1510 erbaut.“

Ups

Dann kam eine sehr lange Wartezeit bis wir Ergebnisse der Laboruntersuchung bekommen sollten. Inzwischen hatte uns der Denkmalschützer einen zweiten Fachmann geschickt, der den Dachstuhl in seiner ursprünglichen Form zeichnete (1,2).

Der Anruf des Bauhistorikers brachte die nächste Überraschung. Die Laboruntersuchung sei nicht eindeutig, sie ließe zwei Ergebnisse zu: 1510 oder 1450.

Ups

Das sind ganz schöne Sprünge, nach der Reformation, vor der Reformation und jetzt möglicherweise vor Kolumbus.

Der Historiker hat daraufhin – trotz Geldmangel beim zuständigen Denkmalamt – einen zweiten Besuch angekündigt, für den er sogar seine Freizeit opferte und an einem Samstag erschien. Er meinte, die Sache sei so spannend, dass er es unbedingt genau wissen wolle.

Das endgültige und inzwischen amtliche Ergebnis ist das Jahr 1456 und damit haben wird das derzeit älteste datierte Haus in Schotten gekauft.

So langsam dämmerte uns, welche Aufgabe da vor uns lag.

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