Lehm-Gefache neu aufbauen

Die nachfolgende Beschreibung ist definitiv nichts für Puristen unter den Anhängern mittelalterlicher Handwerkskunst. Ich schicke es vorweg wir haben beim Wiederaufbau einer vollständig sanierten Fachwerkwand Porenbetonplatten (bekannt unter ihrem Markennamen „Ytong“) eingesetzt und uns somit am Fachwerk versündigt.

Die Kritik an Porenbeton ist  durchaus berechtigt. Er saugt Wasser auf wie ein Schwamm. Mauert man damit ein Gefach aus, und der Porenbeton saugt sich, etwa bei starkem Regen voll, bringt das die Balken in ernsthafte Gefahr. Sie beginnen über kurz oder lang zu faulen.

Warum trotzdem Porenbeton? Die Idee ist aus der Not geboren. Besagte Wand wurde vom Zimmermann unseres Vertrauens vollständig neu gestellt. Das ganze ist im Spätsommer passiert, Herbst und Winter standen vor der Tür. Wir mussten die Gefache so schnell es geht irgendwie verschließen, da der Raum hinter der Wand als Lagerraum diente. Die guten Eigenschaften von Porenbeton sind dessen Wärmedämmung und das er sich sehr einfach und schnell verarbeiten lässt.

Neu aufgebautes Fachwerk ohne Füllung der Gefache
Fachwerk neu gestellt

Die Frage die sich stellte war, wie verhindere ich von vorne herein, dass sich der Porenbeton voll Wasser saugen kann? Dazu erst mal eine Skizze:

Querschnitsskizze durch den Aufbau eines Gefachs
Sanierung Lehmgefach

Mein Ansatz: Der Porenbeton muss aus der Gefahrenzone. D.h. die Gefache werden nicht in voller Stärke mit Porenbeton ausgemauert, sondern nur zum Teil. Verwendet haben wir 5cm starke Platten, die wir auf der Innenseite der Gefache verbaut haben, Etwa 1 bis 1,5cm hinter der Balkenkante auf der Innenseite.

Davor in Richtung Außenseite wurde dann eine 5 bis 7cm starke Lehmschicht aufgebracht. Damit sollte der Porenbeton gut vor Regenwasser geschützt sein. Ob das tatsächlich funktioniert wird die Zeit zeigen. Ein Jahr hat die Konstruktion schon überdauert und dabei auch starken Regengüssen getrotzt. Da die Innenseite noch nicht fertig ist konnten wir zumindest bisher nicht feststellen, dass Wasser an Stellen auftaucht, wo es nichts zu suchen hat.

Auch hier beginnt die Arbeit mit dem Bürsten der Balken, auch wenn das Fachwerk wie in unserem Fall eben erst gestellt wurde. Danach, also, bevor irgendetwas in die Gefache eingebaut wird haben wir die Balken auf Anraten des Zimmermanns vollständig mit Leinölfirnis geölt.

Schritt Nr. 2 ist das vermauern der Gefache mit den Porenbetonplatten. 5cm ist, die dünnste erhältliche Plattenstärke. Weil sie so dünn sind lassen sie sie hervorragend mit einer Handkreissäge zuschneiden, das verwendete Sägeblatt ist danach allerdings reif für den Ruhestand.

Porenbeton wird normalerweise mit einem speziellen Klebemörtel verbaut. Dazu meint unser Baustoffhändler einfach nur „Quatsch, Fließenkleber tut’s auch und ist viel billiger“. Recht hat er!

Da wir im Fachwerk mauern darf der Fließenkleber (wasserdicht, zementhaltig) nur zwischen den Porenbetonplatten verwendet werden. Nach außen zu den Balken hin, muss ein einfacher Kalkmörtel (Kalk plus Sand im Verhältnis 1:3 mit Wasser zu einem recht zähen Mörtel anrühren.) verwendet werden. Kalk und Holz vertragen sich einfach besser als Zement und Holz. Das macht die Sache etwas kompliziert, Sie benötigen immer zwei Mörtelmischungen parallel.

Um die Porenbetonplatten gut mit dem Fachwerk zu verbinden haben wir im Baustoffhandel erhältliche Mauerverbinder (Flachanker) für Porenbeton eingearbeitet. Nach Außen mit den Balken verschraubt und dann so gebogen, dass sie in den Fugen eingeklebt werden. Auch das ist, speziell wegen der dünnen Steine etwas fummelig, aber machbar.

zum Teil ausgemauerte Gefache
Gefache ausmauern

Sind die Gefache ausgemauert muss der Lehm auf der Außenseite der Wand aufgetragen werden. Ich bin zuerst der Frage nachgegangen, haftet der Lehm überhaupt auf dem Porenbeton? Dadurch dass der Porenbeton sehr stark saugend ist, kann es sein, dass er das Wasser so schnell aus dem Lehm saugt, dass dieser nicht haftet. Dazu habe ich den Tipp gefunden, den Porenbeton zunächst mit einem Gemisch aus Wasser und Tonerde zu streichen. Tonerde zu kaufen ist im Prinzip kein Problem, man kennt es unter dem Namen „Heilerde“, nur sind deren Gebindegrößen nicht unbedingt bautauglich. Unser Baustoffhändler hat bei meiner entsprechenden nur gestöhnt, konnte uns aber schlussendlich einen 40 Kilosack besorgen (So viel hätten wir nicht gebraucht). Streichen Sie sowohl Innen-, als auch Außenseite der Porenbetonplatten.

Wer das nicht bekommt kann sich alten Lehm fein absieben und mit Wasser mischen, sollte auch funktionieren.

Porenbeton mit Tonerde gestrichen
Tonerdeanstrich

Sieht schon nach Lehm aus und hat die Saugfähigkeit des Porenbetons tatsächlich ein Stück reduziert. Trotzdem haben sich bei den ersten Versuchen Lehm aufzubringen, dieser teilweise wieder abgelöst. Es war knifflig die richtige Mischung aus recyceltem Lehm, Kalk, Sand und Wasser zu finden die auf der Wand haftete.

Die Mischung darf nicht knetartig trocken sein, aber auch nicht so nass, dass sie fließt. Kalk erhöht die Klebefähigkeit des Gemischs. Sand wirkt dem wieder etwas entgegen. Es muss nicht auf Anhieb klappen. Testen Sie an einem Gefach, warten Sie ein bis zwei Tage und prüfen Sie, ob sich der Lehm gelöst hat oder fest anliegt. Lehm der sich kurz nach dem Aufbringen ablöst, können Sie mit Druck wieder anpressen. Klappt das nicht, runter damit und neu versuchen.

Wichtig ist, feuchten Sie die Porenbetonsteine gut an, vor allem wenn es sommerlich heiß ist und bringen Sie den Lehm schichtweise mit Kelle und Glättscheibe auf – also nicht 5cm auf einmal. 2 bis 3cm pro Schicht sind das Maximum. Pressen Sie den Lehm gut an – vor allem die unterste Schicht auf dem Porenbeton. Arbeiten Sie in den Schichten gerne Armierungsgewebe mit ein. Sind Sie mit einer Schicht fertig, ziehen Sie mit der Kelle rautenförmig Kerben in den noch feuchten Lehm ein. Das wirkt der Rissbildung entgegen und schafft Haftfläche für die nächste Schicht. Alternativ können Sie auch eine Zahnkelle über die Schicht ziehen.

Lehmschicht aufgetragen
Lehmschicht aufgetragen
Eimer mit Zahnkelle vor Lehmwand
Lehm aufbringen

Das Ganze erfordert Geduld, lassen Sie jede Schicht trocknen, bevor die nächste aufgetragen wird. Prüfen Sie immer ob die letzte Schicht auch hält, Hohlräume sind zu vermeiden. Bei uns hat sich das Aufbringen der Schichten über bestimmt 3 Monate hingezogen. Nicht immer hat man Zeit und auch das Wetter nimmt auf Sie und Ihre Pläne keine Rücksicht.

Wetter ist ein gutes Stichwort, in praller Sommerhitze sollten sie das nicht machen, der Lehm darf nicht zu schnell trocknen. Auch das fördert Rissbildung und birgt die Gefahr, dass sich der Lehm wieder ablöst.

Füllen Sie die Gefache bis etwa 1 bis 1,5cm zu den Balkenkanten auf. Ist das erreicht, ist dieser Schritt abgeschlossen.

Jetzt kann verputzt werden. Wie im Abschnitt über die Baustoffe geschrieben setzen wir dabei auf groben Oberputz des Herstellers Claytec. Die Putzmischung ist richtig gut, neigt nicht zur Rissbildung und lässt sich einfach verarbeiten.

Mit Lehmputz verputztes Gefach
Gefach verputzt

Lassen Sie den Putz hinter die Balkenkanten in einem Winkel nach persönlichem Geschmack abfallen. Bündig verputzte Gefache zeigen relativ schnell Risse zwischen Holz und Putz, sieht unschön aus und zieht durch die Kapilarwirkung schnell Wasser ein. Die Mitte des Gefachs darf leicht über die Balken vorstehen, zu viel Überstand wird von Denkmalschützern nicht gerne gesehen. Ist der Putz aufgebracht und mit der Glättscheibe glatt gestrichen, bringen Sie ihn mit der Schwammscheibe in sein finale Form. (Wie im Beitrag „Lehm-Gefache sanieren“ beschrieben.)

Weil ich an der Fertigmischung des Putzes nichts verändern wollte habe ich prompt den dusseligsten Fehler gemacht, der möglich war. Zwei Tage nachdem ich die Außenseite der Gefache einer Wand damit verputzt hatte, durften wir hier ein richtig heftiges Gewitter genießen, danach war ein guter Teil meines schönen Putzes (obwohl schon trocken) zu Boden geflossen. Mist. Nach der Reparatur, hat sich das Spiel noch einmal wiederholt. Klar, der Lehmputz ist vornehmlich für Innenwände gedacht und kommt ohne Bindemittel daher. Ich musste die Oberfläche als nachträglich verfestigen. Dazu habe ich Rat beim Fachmann (Kreidezeit) gesucht. Im Gespräch wurde ich (nicht ganz ohne Ironie) gefragt, ob ich denn keinen Kuhdung untergemischt hätte… Sehr witzig. Seine anschließendend Tipps waren aber sehr zielführend. Es gibt für die nachträgliche Verfestigung zwei Möglichkeiten:

  1. Die verputzten Flächen mit Kaseingrundierung streichen, oder besser:
  2. Sumpfkalkfarbe im Verhältnis 1:1 mit Wasser verdünnen und mit einem Quast oder festem Pinsel in den Lehmputz einmassieren.

Wir haben beides gemacht, erst die Massage, dann die Grundierung. Hat funktioniert, danach war die Wand regen-resistent.

Bei der zweiten Wand haben wir dann beim Anmischen des Lehmputzes immer etwas Kalk untergemischt. Trotzdem sind Sumpfkalkvoranstrich und Kaseingrundierung empfehlenswert.

Nach dem Voranstrich, werden die Balken noch einmal vorsichtig gebürstet (Akkuschrauber mit Nylon-Walzenbürste) und anschließend wieder mit Leinölfirnis geölt. Das Ganze sieht dann so aus:

Beinahe fertig sanierte Fachwerkwand
Fast fertig

Es fehlt noch der finale Anstrich aus möglicherweise pigmentierter unverdünnter Sumpfkalkfarbe. Wir haben uns nur noch nicht für die finale Farbe entschieden.