Infrastruktur

Wenn Sie ein altes Haus kernsanieren, müssen Sie gleich zu Anfang ein paar Entscheidungen treffen, bzw. Weichen stellen. Seien Sie dabei weitsichtig, halbe Sachen, um jetzt Geld zu sparen, fallen Ihnen später auf die Füße.

Elektrotechnik

Eine Position für die das gilt, ist die Elektroinstallation des Hauses. Bei einer Kernsanierung auch nur irgendetwas von der alten Installation „retten“ zu wollen ist grober Unfug. Vergessen Sie das, raus damit.

In unserem Fall war die Stromversorgung sehr abenteuerlich gelöst. Es gab einen Hausanschlusskasten außen am Haus. Der wurde irgendwann in den 80ern gesetzt, als man sich von der Versorgung über die Dächer verabschiedet hat. Es kam aber damals niemandem in den Sinn, im Zuge dieser Veränderung auch die Zählerkästen zu erneuern. Statt dessen wurde eine Versorgungsleitung vom neuen Hausanschlusskasten über die Außenwand des Hauses auf den Dachstuhl gezogen und in einem Klemmkasten mit der alten Infrastruktur verbunden.

Von dort aus wurde eine Versorgungsleitung zu einem Zählerkasten im Obergeschoss und dann weiter zu einem zweiten Zählerkasten im Erdgeschoss gezogen. Es gab also tatsächlich zwei unabhängige Zählerkästen in einem Wohnhaus.

offnerer veralteter Zählerkasten
Zählerkasten OG
Zählerkasten in Nische
Zählerkasten EG

Eine aus heutiger Sicht mehr als abenteuerliche Konstruktion. Beim Anblick der alten Zählerkästen, vermutlich aus den 60ern wurde mir als gelerntem Elektriker fast übel.

 

 

Beide Zählerkästen mitsamt der ebenfalls abenteuerlich verlegten Verbindungleitung dazwischen standen bereits beim Rückbau im Weg. D.h. als einer der ersten Punkte der Erneuerungen stand der Einbau eines neuen gemeinschaftlichen Zählerschranks für das ganze Haus und dessen direkte Anbindung an den Hausanschlusskasten.

Frisch montierter neuer Zählerkasten
Neuer Zählerschrank.

Planen Sie diesen Schritt gut, idealerweise gemeinsam mit Ihrem Elektriker. Überlegen Sie sich, über wie viele getrennte Einheiten Ihr Haus einmal verfügen soll. Bei uns waren das die Wohnung, das Ladenbüro und ein potentielles Apartment im Hinterhaus. Jede Einheit benötigt einen eigenen Zähler, sowie einen weiteren Zähler für gemeinschaftlichen Strom. Diese Aufteilung ermöglicht es einmal, Teile des Hauses zu vermieten. Sie sollten von vorne herein auch den Bau einer Photovoltaikanlage in Betracht ziehen. Auch das wirkt sich auf den Zählerschrank aus.

Jede Einheit erhält zusätzlich eine eigene Unterverteilung. Auch hier sollten Sie deren Platzierung gut planen. Sie müssen sie schließlich mit recht dicken und entsprechend störrischen Versorgungsleitungen vom Zählerschrank aus einspeisen.

Das Verlegen dieser Versorgungsleitungen gehört zu den ersten Dingen, die Sie im Laufe der Sanierung vornehmen. Sich hier Dinge „später“ zu überlegen wird teuer und aufwändig.

Ist der Zählerschrank gesetzt, nehmen Sie Kontakt mit Ihrem Energieversorger auf, lassen sich einen ersten Zähler setzen und melden Sie diesen auf einen Baustromtarif an. Ab da übernimmt der neue Schrank die Stromversorgung im Haus und die alte Infrastruktur kann entfernt werden.

Wasser, Heizung und Telekommunikation

2018 erschien es noch eine gute Idee die völlig veraltete Ölheizung durch eine moderne Gas-Brennwerttherme zu ersetzen. Energetisch ist das heute (2022) zwar immer noch richtig. Die aktuelle geopolitische Situation hat dem aber einen Strich durch die Rechnung gemacht. Für uns zu spät…

Eine Gasheizung erfordert natürlich das Verlegen einer Gasleitung auf dem eigenen Grundstück bis in die Nähe der Heizung. Die Kosten einer solchen Leitung setzen sich aus einer Pauschale für den Teil der Leitung die auf öffentlichem Gelände, und einer Pauschale pro Meter für den Teil der auf dem eigenen Grundstück verlegt wird. Letzteres waren bei uns ca. 17m. Es ergab sich eine Kostenschätzung von ca. 3000,- bis 4000,-€.

Noch bevor die Umsetzung erfolgte, haben wir einen Blick auf die Hauptwasserleitung geworfen. Sie wurde von der Vorderseite unseres Hauses unterirdisch bis zu einer kleinen Toilette im Treppenhaus gelegt. Zu Zeiten, als sie installiert wurde, lief sie durch einen Keller und war jederzeit zugänglich. Diese Keller sind allerdings Anfang der 60er Jahre verfüllt worden. Dabei wurde die Wasserleitung einfach zugeschüttet. Wie schlau wäre es jetzt, die darüber liegenden Räume aufwändig zu sanieren? Was ist, wenn die vermutlich bereits marode Leitung dann irgendwann den Geist aufgibt?

Eiserner Deckel im Boden
Haupthahn unerreichbar

Das Foto zeigt einen eisernen Deckel im Boden, dieser war unter mehreren Schichten Bodenbelag und Ausgleichsmasse verborgen und wurde von uns erst beim Fräsen des Bodens entdeckt. Darunter in ca. 80cm Tiefe lag unerreichbar der Hauptwasserhahn verborgen.

Klar, das konnte so nicht bleiben. Es bot sich also an mit der Gasleitung auch gleich eine neue Wasserversorgung zu legen. Anders als Gas ist Wasser von Frost bedroht, woraus resultiert, dass die Leitung in frostsicherer Tiefe verlegt werden muss. Aus 60cm Grabentiefe wurden somit 120cm. Auf die ursprünglich geschätzten 3000,- bis 4000,-€ kamen damit noch mal um die 10.000,-€ drauf. „Ungeplante Kosten“ ist ein Begriff, der Ihnen bei der Kernsanierung eines alten Gebäudes immer wieder begegnen wird.

Den entstehenden Graben im Hof haben wir „Burggraben“ getauft, vor allem weil er im Herbst gebaggert wurde und im Laufe der Arbeiten beinahe bis oben hin voll geregnet war. Hätten nur noch ein paar Krokodile gefehlt, um die Sache perfekt zu machen.

Ein Teil des Aufpreises kam durch eine weitere vorausschauende Entscheidung zustande. Wir haben und für einen sogenannten Mehrspartenanschluss entschieden. Das ist ein Konstrukt über welches sämtliche Versorgungsleitungen eines Hauses (Strom, Gas, Wasser und Telekommunkation) an einer Stelle gemeinschaftlich ins Haus geführt werden. Das praktische daran ist, dass vom Mehrspartenanschluss Leerrohre bis zur Grundstücksgrenze gelegt werden. Davon nutzen wir derzeit zwar nur zwei (Gas und Wasser) aber ein im Raum stehender, nachträglicher Glasfaseranschluss wird dadurch kostengünstig und ohne Erdarbeiten auf dem eigenen Grundstück möglich.

Im Boden einbetonierter Mehrspartenanschluss
Mehrspartenanschluss

Telekommunikation ist gleich das nächste Thema. Als ITler bekomme ich immer wieder mit, dass manche Bauherren auch bei Neubauten denken, dass WLAN das wichtigste für den Internetzugang sei. Gedanken über eine vernünftige Netzwerkinfrastruktur werden nicht angestellt.

WLAN ist eine schöne und praktische Sache, ein flächendeckendes WLAN im ganzen Haus gibt Freiheiten, keine Frage. Trotzdem ist Kabel verlässlicher und WLAN kein Ersatz für eine verkabelte Netzwerkinfrastruktur. Das muss nicht so luxuriös sein wie in unserem Büro, hier sind auf etwa 70m² alleine ca. 1.000m Netzwerkkabel verlegt. Sie sollten allerdings mindestens vom Telekommunikationsanschlußpunkt Netzwerkkabel in jede „Einheit“ (Wohnung, Laden, was auch immer) zumindest eine Netzwerkleitung verlegen. Besser sind zwei Leitungen. Innerhalb der Wohnung sollten Sie ebenfalls sternförmig Netzwerkkabel an bestimmte Punkte verlegen. Stellen Sie sich dabei folgende Fragen: Wo kommt der Fernseher hin? Gibt es einen Büroraum mit feststehendem Computer? Deckt das WLAN Ihres Routers die ganze Wohnung ab oder benötigen Sie einen weiteren WLAN-Zugangspunkt? All diese Orte sollten Sie ausgehend von dem Punkt wo Ihr Router stehen wird mit Netzwerkkabeln versorgen. Auch hier gilt, nachträglich bekommen Sie nur Notlösungen realisiert.

Ergänzend sollten Sie Orte im Haus an denen wichtige technische Einrichtungen, wie beispielsweise die Heizung geplant sind, mit Netzwerkkabeln versorgen. Gerade moderne Heizanlagen wünschen sich einen Internetzugang für Fernüberwachungszwecke.

Wir haben auch Netzwerkkabel in die Scheune verlegt. Dort haben wir wegen einigen Vandalismusvorfällen eine Überwachungskamera montiert. Zudem befindet sich in der Scheune ein WLAN-Zugangspunkt mit dem Ergebnis, dass wir im ganzen Hof WLAN haben.

WLAN Zugangspunkt an der Innenwand der Scheune.
AP in der Scheune

Ein Hinweis dazu: Verwechseln Sie nicht WLAN-Zugangspunkte (Accesspoints) mit WLAN-Repeatern. Ein Repeater benötigt kein Netzwerkkabel zur Versorgung, er benötigt aber Zugang zum WLAN, welches er ausweiten soll. Repeater sind selbst also WLAN-Geräte und schmälern daher Ihre WLAN-Bandbreite. Je nach Abstand zum WLAN-Router benötigen Sie eine ganze Reihe an Repeatern, um dort WLAN zu bekommen, wo Sie es haben möchten, mit teilweise eher bescheidenem Ergebnis. Ein Accesspoint hingegen wird per Kabel mit dem Router verbunden, Sie benötigen keine Kaskade an Accesspoints, um weit entfernt vom Router WLAN zu haben. Sie haben am Ende immer die volle WLAN-Bandbreite. Kurz, Repeater sind Notlösungen, APs sind professionell. Sicherlich gibt es als weitere Lösung auch „Powerline“, also Netzwerk via Stromleitungen. Warum aber darauf setzen, wenn Sie gerade eine Kernsanierung eines Hauses vornehmen und sowieso überall Kabel verlegen?