Baustoffe

Das Sanieren eines alten Fachwerkbaus stellt – wenn man es denn halbwegs vernünftig machen will – gewisse Anforderungen an die zu verwendenden Materialien. Das muss man alles erst lernen. So vertragen sich Zement und Bauschaum beispielsweise gar nicht mit den Balken des Fachwerks.

Zementhaltige Putze und Mörtel sind für Wasser weitgehend undurchlässig, d.h. dringt Wasser beispielsweise hinter einen Zementputz, staut sich die Feuchtigkeit in der Wand auf und Balken beginnen zu verfaulen.

Bauschaum, der beispielsweise zum Befestigen von Fenstern genutzt wird, altert und nach einer gewissen Weile wirkt er wie ein Schwamm, saugt Regenwasser auf und hält es dann in unmittelbare Nähe zu den Fachwerksbalken. Das Ergebnis ist das selbe wie beim Zement.

Auch auf der Streichliste ist Gips, bzw. Spachtelmassen und Putze auf Gipsbasis. Gips ist ein hervorragender Nährboden für Schimmelpilze. Schimmelpilze wiederum – mal abgesehen davon, dass deren Sporen in der Luft recht ungesund sind – machen sich auch ganz gerne über die organischen Bestandteile in Lehmwänden her.

Stattdessen sollte man auf die Werkstoffe setzen, die auch schon beim Bau eines mittelalterlichen Fachwerkbaus verwendetet wurden. Dazu gehören Lehm, Kalk, Leinöl usw. Im Folgenden stelle ich ein paar Produkte vor.

Einkaufen

Verstehen Sie das nachfolgende nicht falsch, wir lieben Baumärkte. Baumärkte machen Spaß und sind oft Retter in der Not. Sie sind aber nicht die erste Wahl beim Einkauf von Baumaterial, vor allem nicht, wenn es um ernstzunehmende Mengen geht. Suchen Sie sich statt dessen Baustoff-,  Holz- und Farbhändler, die sich auf ihr jeweiliges Fachgebiet spezialisiert haben. Sie bekommen definitiv die bessere Beratung, meist deutlich bessere Preise und nicht selten professionellere Produkte, eben die Produkte, die Ihr Handwerker auch einsetzt.

Leider gibt es bezüglich der nachfolgend vorgestellten Produkte manchmal Probleme mit klassischen Baustoffhändlern. Fragen Sie Ihren Baustoffhändler nach Lehmprodukten, kann es sein, dass der dann schon mal das Gesicht verzieht. Das mag verschiedene Gründe haben, liegt wohl teilweise auch an den Herstellern. Der Baustoffhändler unseres Vertrauens hat sich beispielsweise darüber beklagt, dass er die 25kg Lehmputz-Säcke alle einzeln verpackt, per Paketdienst zu Apothekenpreisen geliefert bekommen hat. Wo auch immer die Gründe liegen, wenn der Baustoffhändler nicht mitzieht, bleibt nur der Einkauf via Internet. (…was ich – obwohl ich ITler bin – eher traurig finde.)

Es gibt aber auch die sehr angenehmen Überraschungen. Unseren „kleinen“ Farbhändler im Ort mussten wir von den natürlichen Produkten wie Sumpfkalkfarben oder Kaseingrundierung gar nicht überzeugen. Er hatte alles einfach da oder kannte sich aus. Die Preise, die er dafür aufgerufen hatten, stellten alle anderen in den Schatten. Einfach gut!

Lehm

Lehm ist ja in erster Linie kein Produkt, sondern ein Naturmaterial. Er wurde früher einfach irgendwo aus einer Lehmgrube (Lehmkaute) ausgebuddelt. Für den Hausbau wurde dieser Lehm dann mit Stroh gemischt und mit Wasser auf die richtige Konsistenz gebracht und in den Wänden verarbeitet, auch in Form von Lehmwickeln oder Lehmziegeln. Beim Sanieren eines Fachwerkbaus fällt genug Lehm an, den man an anderer Stelle wieder nutzen kann. So kann man beim Rückbau anfallenden Lehm einfach in Bigpacks irgendwo deponieren und später wieder nutzen.

Wiederaufbereiteter Lehm eignet sich allerdings nicht unbedingt fürs Oberflächen-Finish einer Wand. Hier sollten Fertigprodukte eingesetzt werden. Bei uns kam dafür – innen wie außen – ausschließlich grober Lehm-Oberputz der Marke Claytec zum Einsatz.

Lehmputz im 25kg Sack
Lehmputz

Dabei handelt es sich um eine fertige Mischung aus Lehm, Stroh und Sand. Vorteil zu selbst gemischten Versuchen ist die Tatsache, dass das Fertigprodukt nicht zur Rissbildung neigt.

Wir haben den Oberputz immer „trocken“ gekauft, es gibt auch eine erdfeuchte Variante, davon braucht man allerdings dann mehr…

 

 

Kalk

Ich kann mich noch daran erinnern, dass mein Großvater einmal im Jahr Kalk löschte. Dazu wurde im Hofe eine große flache Blechwanne aufgestellt. Es wurden Kalk und Wasser eingefüllt und dann begann das für uns Kinder spannende Schauspiel. Das ganze wurde so heiß, dass Nebelschwaden aus unserem Hof aufstiegen. Das fertige (abgekühlte) wässrige Gemisch hat mein Opa dann dazu genutzt unseren Schweinestall zu „weißeln“. Der Anstrich diente nicht dazu, dass es im Stall schön aussah, sondern der Kalk (ganz anders als Gips) verhinderte Schimmel an den Wänden. Eine Eigenschaft, die auch im Fachwerkbau sehr praktisch ist.

Mit ungelöschtem Kalk zu hantieren, sollte der Laie aber Profis überlassen. Das ist alles andere als ungefährlich. Es gibt fertige Produkte. Auf unserer Baustelle immer vorhanden ist „Hydradur“ vom Hersteller Otterbein.

Kalk Bindemittel im 25kg Sack
Kalk

Hydradur ist beim denkmalgerechten Sanieren eine Art Allzweckwaffe. Wir nutzen es zum Anmischen von Mauermörtel, Kalk-Sand-Putz und als Bindemittel im Baulehm oder Lehmputz.

Sicherlich erreicht Kalk nicht dieselbe Druckfestigkeit wie Zement, aber für den Hausbau reichen die erreichten Werte mehr als aus, schließlich bauen wir keine Autobahnbrücken.

Anders als Zement wirkt Kalk in der Wand Feuchte regulierend, es besteht nicht die Gefahr von Staunässe.

Als Mischungsverhältnis von Kalk zu Sand für Mörtel und Putz hat sich 1:3 als praktikabel heraus gestellt. Diese Mischung neigt kaum zur Rissbildung. Die Wassermenge richtet sich nach dem Verwendungszweck. Putz etwas feuchter, Mauermörtel trockener.

Kasein

Kasein ist so eine Art natürlicher Klebstoff. Es besteht aus nichts anderem als Quark und Kalk. Mischt man handelsüblichen Quark mit etwas ungelöschtem Kalk, löst das im Quark eine Reaktion aus. Er verwandelt sich beim Umrühren vom festen Quark in eine leimartige Masse und genau das ist es eben auch Leim. Diese Mischung mit Wasser zu einer dünnen Lösung herunter verdünnt, ist ein hervorragender Tiefgrund, der seinen chemischen Pendants um nichts nachsteht. Sein Vorteil – mal davon abgesehen, dass es ein Naturprodukt ist – ist, dass es die Atmungsaktivität und Feuchteregulierung eines Kalk oder Lehmputzes nicht hemmt.

Kleine Tüte mit Kaseingrundierung
Kaseingrundierung

Auch hier haben wir nicht selbst gemischt, sondern auf ein fertiges Produkt gesetzt – wie gesagt, der Umgang mit ungelöschtem Kalk ist nicht ungefährlich. Zum Einsatz, wiederum innen wie außen, kam die Kaseingrundierung vom Hersteller Kreidezeit.

Das kleine 250g Tütchen ist extrem ergiebig und reicht aus für 40 bis 60m² Fläche. Wichtig bei der Verwendung: Auf keinen Fall zu viel anrühren. Es ist ein Naturprodukt auf Quarkbasis und neigt dazu „schlecht“ zu werden, was sich mit recht unerfreulichem Geruch bemerkbar macht. Das passiert natürlich nicht in verarbeitetem Zustand, Sie müssen nicht befürchten, dass Ihre Wände irgendwann unangenehm riechen.

Sumpfkalkfarbe

Fachwerkwände, gleichgültig ob im Innen- oder Außenbereich leben davon, dass Sie Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben können. Im Innenbereich sorgt das für ein hervorragendes Raumklima. Im Außenbereich ist die Fähigkeit Feuchtigkeit, etwa nach einem Regenguss, wieder abgeben zu können die beste Lebensversicherung für die Balken des Fachwerks. Farben auf Acrylbasis können das nicht. Sie verschließen den Untergrund weitestgehend luftdicht – tödlich für Raumklima und Holz.

Eimer mit Sumpfkalkfarbe
Sumpfkalkfarbe

Farben auf Kalkbasis erhalten die Fähigkeit zur Feuchteregulierung der Wände, sie haben eine sehr hohe Deckkraft und sind ein natürlicher Schutz gegen Schimmel. Auch hier haben wir uns für den Hersteller Kreidezeit entschieden. Angeboten wird die Farbe in den Varianten „gefüllt“ und „ungefüllt“. In der „gefüllten“ Variante sind der Farbe feine mineralische Körnchen (Körnung: 0,5mm) beigegeben. Das sorgt dafür, dass die Farbe kleine Poren und Risse verschließen kann.

Sumpfkalkfarben lassen sich mit natürlichen Farbpigmenten abtönen. Die Vielfalt an Farben ist unglaublich.

Leinölfirnis

An unserem Haus wurde eine Fachwerkwand vollständig (und denkmalgerecht) vom Zimmermann restauriert, besser gesagt neu aufgebaut. Mit dem Zimmermann, er war Meister und hatte eine Fortbildung zum Restaurator, habe ich mich über den Anstrich der sichtbaren Balken unterhalten. Läuft man durch mittelalterliche Fachwerkstädtchen sieht man meist deckend ochsenblutrot, braun oder blau gestrichene Balken. Das sieht zwar meist gut aus, wie es dem Holz unter der Farbe geht, sieht man allerdings nicht. Auch die Schönheit des Holzes sieht man nicht.

Leinölfirnis in Blechdose
Leinölfirnis

Zurück zum Zimmermann, statt eines farbigen Anstrichs hat er uns einfach nur zum Ölen der Balken mit Leinölfirnis geraten. Besser kann man Holz kaum in Szene setzen.

Leinölfirnis ist eine Mischung aus Leinöl, Trocknungsmittel und ggf. weiteren Zusätzen. Es zieht gut ins Holz ein und erzeugt an der Oberfläche eine wasserabweisende Schutzschicht. Für einen bestimmten Hersteller haben wir uns hier nicht entschieden. Es ist letztlich immer das gleiche Produkt.

Vorsicht ist bei der Verarbeitung geboten, da sich Leinölfirnis unter bestimmten Umständen selbst entzünden kann, beachten Sie also unbedingt die Verarbeitungshinweise des Herstellers.

Ergänzend muss gesagt werden, dass wir Leinölfirnis bisher nur im Außenbereich verwendet haben, da es nicht geruchsneutral ist. Innen haben wir sichtbare Balken allerdings auch nur geölt, allerdings mit Produkten des Herstellers Osmo. Das war ein Tipp unseres Tischlers. Geeignet ist Leinölfirnis aber durchaus auch für den Innenraum, man sollte nach der Verarbeitung einfach ein paar Tage gut lüften.

Hartwachsöl

Wie erwähnt, haben wir die Balken im Innenbereich nicht mit Leinölfirnis gestrichen, sondern aufgrund eines Tipps unseres Tischlers Osmo Hartwachs-Öl eingesetzt.

Blechdose mit Öl
Hartwachs-Öl

Dank der Wachsanteile im Öl bildet es an der Oberfläche eine wasserabweisende und ziemlich feste Schicht. Das Öl ist in den Varianten „glänzend“, „seidenmatt“, „matt“ und „halbmatt“ erhältlich.

Gleichgültig welche Variante eingesetzt wird, es bringt die natürlichen Maserungen sehr gut zum Vorschein.

Unser Tischler nutzt es auch zum Ölen von Holzfußböden.

Unterm Strich ist das Hartwachs-Öl natürlich in Sachen Naturprodukt kein Vergleich zu Leinölfirnis, es überzeugt aber in der Wirkung.